Media Release 13.03.2025
In Erinnerung an Jürgen Mayer – Ein Patron mit Macher-Qualitäten

Die Zahl mutet fast unglaublich an: Über 50 Jahre lang arbeitete Jürgen Mayer bei maxon und prägte das Unternehmen entscheidend. Denkwürdige Momente der Firmengeschichte fallen in seine Wirkenszeit. Unter seiner Ägide wuchs das Unternehmen markant. Am Dienstag, 11. März, ist er im Alter von 86 Jahren verstorben. Eine Würdigung.
Eigentlich sollte es nur ein kurzfristiges Engagement werden, als der in Bayern geborene Jürgen Mayer am 1. Februar 1967 seine Stelle bei maxon – der damaligen Interelectric –antrat (und die legendäre Personalnummer 007 erhielt). Er selbst schrieb: «Damals wollte ich nach meiner Anstellung bei den Pilatus Flugzeugwerken und einem Aufenthalt in Ägypten eigentlich nur so lange bei der Interelectric bleiben, bis meine Arbeitsbewilligung für Beirut, Libanon, vorlag». Der Plan: Gemeinsam mit einem Kollegen eine Fabrik für Gefriertechnik aufbauen. Oder wie er es schreibt: «Man hätte auch sagen können, ich wollte Kühlschränke in der Wüste verkaufen.»
Als gelernter Maschinenbauingenieur und Konstrukteur wollte Jürgen Mayer nicht mehr am Reissbrett stehen, so sein erklärtes Ziel. Doch beim Arbeitsantritt bei maxon landete er wieder genau dort. Seine Aufgabe: die Konstruktion einer Bimsmaschine zur Bearbeitung von Platten für die Scherblatt-Herstellung.
Damals fertigte die Interelectric noch Scherblätter für die Rasierapparate der Firma Braun GmbH in Frankfurt. Ein Geschäft, das nach dem Verkauf von Braun an Gillette im Jahr 1967 bald wegzufallen drohte. Das damals überschaubare Personal von 17 Personen unter der Geschäftsleitung von Bodo Fütterer musste sich neu erfinden und stieg in die Produktion von Elektromotoren mit eisenloser Wicklung ein.
Der Beginn einer steilen Karriere
Hier kam auch die Expertise des innovativen Konstrukteurs Jürgen Mayer ins Spiel. Er war massgeblich an der Konstruktion der ersten maxon-DC-Motorenreihe beteiligt. Dabei erkannte die damalige Firmenleitung schnell, dass Jürgen Mayer nebst seinem Konstrukteurs-Know-how weitere Talente vorzuweisen hatte. So nahm eine steile Karriere ihren Anfang.
1970 wechselte Jürgen Mayer in den Vertrieb – damals eine «One Man Show», wie er selbst schrieb. Ihm wurde der Aufbau einer internationalen Verkaufsorganisation aufgetragen. 1974 wurde er dann zum Leiter der Verkaufsabteilung ernannt, 1985 zum Direktor für Marketing und Vertrieb. Als Bodo Fütterer im Jahr 1992 pensioniert wurde, rückte Jürgen Mayer in die Geschäftsleitung nach und wurde deren Sprecher. 1996 wurde er Vorsitzender der Geschäftsleitung, eine Funktion, die er bis 2006 inne hatte. Seit 2004 war er zudem Verwaltungsratspräsident. 2006 gab er die CEO-Rolle ab und blieb bis 2013 Verwaltungsratspräsident. 2017 konnte er sein 50-jähriges Firmenjubiläum feiern, 2019 wurde er zum Ehrenpräsidenten ernannt.
Seine Amtszeit war von enormem Wachstum geprägt. Als er 1992 in die Geschäftsleitung aufstieg, betrug der Umsatz 50 Millionen Franken; bis 2006 verfünffachte er sich auf 286 Millionen. Die Belegschaft vergrösserte sich während seiner Zeit als CEO von knapp 500 auf 1500 Mitarbeitende weltweit. Die Firma wuchs zuweilen schneller, als Personal rekrutiert werden konnte.
Den Kopf frei haben für Innovationen
Für Jürgen Mayer war immer klar, was der Antreiber des Unternehmens sein musste: Innovation. In einer Kolumne, die 1999 in der Neuen Luzerner Zeitung erschien, hat er es so umschrieben: «Wir bei der Interelectric legen Wert darauf, dass wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die notwendigen Freiräume zur Verfügung stellen, damit sie den Kopf frei haben für Innovationen und Veränderungen. Der Wille zur Veränderung ist meiner Meinung nach entscheidend. Wer sich mit den Mitbewerbern messen und sich in den grenzenlos gewordenen Märkten behaupten will, muss diesen Willen zur Veränderung mitbringen.»
Um das zu verdeutlichen, verwendete er in der Firma oft folgende Geschichte: «Wenn die Gazelle in Afrika bei Sonnenaufgang wach wird, weiss sie, dass sie heute wieder schneller als der Löwe rennen muss, weil sie sonst gefressen wird. Und der Löwe weiss, dass er schneller als die Gazelle rennen muss, weil er sonst verhungert. Merke: Es ist ganz egal, ob du eine Gazelle oder ein Löwe bist – wenn die Sonne aufgeht, musst du rennen.»
Er galt als manchmal strenger Chef, der aber auch grosses Vertrauen in seine Mitarbeitenden setzte. In seinem Büro war nicht der Schreibtisch das grösste Möbel, sondern der Sitzungstisch mit zehn Sitzplätzen – weil es ihm wichtig war, gemeinsam voranzukommen.
Und dann kam die Mars-Landung
Wie innovativ das Unternehmen war, das wurde praktisch über Nacht auch einer breiten Öffentlichkeit bekannt: 1997 liess die NASA den Mars-Rover «Sojourner» auf dem roten Planeten Landen. Der hatte 11 DC-Motoren von maxon mit an Bord, die das Fahrzeug antrieben. Obwaldner Motoren auf dem Mars? Eine Sensation, die weltweit für Schlagzeilen sorgte.
Journalisten von überall her wollten von Jürgen Mayer wissen, wie eine kleine Obwaldner Firma auf den Radar der NASA gekommen ist. Die Anfrage kam über den Auftragnehmer der NASA, das Jet Propulsion Laboratory (JPL), herein. Der Absender sagte Jürgen Mayer zuerst nichts. Ob die maxon Motoren bauen könne, die Temperaturschwankungen von mehr als 150 Grad aushalten konnten, wollte man wissen. «So ein Unsinn», dachte Jürgen Mayer zuerst. Doch sein Macher-Trieb obsiegte: Er lud eine JPL-Delegation nach Sachseln ein, führte sie herum – und maxon bekam den Zuschlag. Der Rest ist Geschichte.
Die Erstlandung auf dem Mars wurde in Sachseln kräftig gefeiert. Und der Schwung wurde genutzt; der damit verbundene Ruhm war für maxon unbezahlbar.
Jürgen Mayer war ein Patron alter Schule: Aufrecht, fordernd, fair – aber auch mit Menschenkenntnis. Dass maxon noch immer als vorbildliche Arbeitgeberin gilt, ist auch sein Verdienst. Er hat das Unternehmen leidenschaftlich geführt, blieb ihm in Höhen und Tiefen verbunden.
Kunst, Musik – und ein gutes Glas Wein
Die Firma war aber nicht seine einzige Leidenschaft. Er widmete sich etwa dem Segelfliegen. Kunst war ihm wichtig; er hat sie gesammelt, aber auch selbst Aquarelle gemalt. Einem guten Glas Wein war Jürgen Mayer auch nie abgeneigt, und der Musik war er ebenfalls sehr verbunden (aus der in jungen Jahren angepeilten Musiker-Karriere wurde allerdings nichts). Und als begeisterter Grossvater widmete er sich intensiv seinen Enkeln. Zudem engagierte er sich auch politisch, vor allem im Bereich des Gesundheitswesens in Obwalden.
Seine letzten Jahre waren geprägt durch Krankheit. Am Dienstag, 11. März 2025, ist Jürgen Mayer im Alter von 86 Jahren verstorben. Er hinterlässt seine Frau, drei Kinder und fünf Enkelkinder.
Das Unternehmen verdankt Jürgen Mayer viel. Die maxon, wie sie heute existiert, wäre ohne ihn undenkbar. Seine direkte, manchmal ungeduldige, aber stets humorvolle Art wird in guter Erinnerung bleiben. Genauso wie seine Macher-Qualitäten.
Dieser Nachruf soll mit einem Zitat von Jürgen Mayer enden. Auf die Frage einer Journalistin nach dem schönsten Kompliment, das er je von einem Mitarbeitenden erhalten habe, antwortete er: «Es ist die breite Anerkennung im Unternehmen: Die Mitarbeiter mögen mich und ich mag sie».