maxon Story
Motorbetriebene Implantate: der EC-13-Motor
Bei einigen Patient:innen mit Aszites (auch Bauchwassersucht genannt) muss die übermässige Ansammlung von Flüssigkeit in der Bauchhöhle regelmässig mithilfe einer Nadel (Punktion) abgelassen werden. Das Schweizer Unternehmen Sequana Medical hat zur Lösung dieser Problematik ein aktives Implantat entwickelt, das die Ansammlung von Flüssigkeit in der Bauchhöhle regelt. maxon EC-Motoren sorgen in den Geräten für einen reibungslosen und gleichmässigen Ablauf der Pumpbewegungen.
Dank des alfapump-Systems entfällt das Ablassen der Flüssigkeit mittels Punktion
Der Begriff Aszites beschreibt die Ansammlung von grossen Flüssigkeitsmengen in der Bauchhöhle. In den meisten Fällen reicht eine medikamentöse Behandlung und eine spezielle Diät aus, um diese Flüssigkeit wieder abzuführen. Diese Therapie schlägt jedoch nicht bei allen Patient:innen an. Pro Tag können sich bei einigen Erkrankten bis zu zwei Liter Flüssigkeit im Bauchraum ansammeln, so dass sie sich regelmässigen Punktionen (dem Ablassen der Flüssigkeit mittels einer Nadel) unterziehen müssen.
Doch es gibt gute Nachrichten: Das alfapump-System – ein aktives Implantat des Schweizer Unternehmens Sequana Medical – sorgt dafür, dass Menschen mit Aszites ein unkomplizierteres Leben führen können. Das System überwacht die Flüssigkeitsmenge im Bauchraum und pumpt die Flüssigkeit bei Bedarf in die Blase der Patient:innen, wo diese mit dem Urin ausgeschieden wird. Kernkomponente des Systems ist das alfapump-Implantat mit den beiden Kathetern für die Bauchhöhle und die Blase. Zudem schliesst das System eine externe Ladestation mit ein, die sowohl die Batterie des alfapump-Implantats auflädt als auch die Kommunikation ermöglicht.
Kontinuierliche Überwachung mittels Laptop
Aufgrund des Energiebedarfs der Pumpe ist ein regelmässiges Aufladen des Akkus erforderlich. Allerdings sind dafür keine Stecker oder Kabel notwendig: Das Aufladen erfolgt einfach über die Haut der Patient:innen. Für die kontinuierliche Überwachung wird ein Notebook eingesetzt, mit welchem das ärztliche Fachpersonal das Implantat für jede zu behandelnde Person individuell programmieren kann. So wird genau festgelegt, wie viel Flüssigkeit pro Tag in die Blase gepumpt werden soll.
Das zwischen Hautfettschicht und Bauchfell eingesetzte alfapump-Implantat besteht aus dem biokompatiblen Kunststoff PEEK (Polyetheretherketon). Unter den besonderen Umgebungsbedingungen im menschlichen Körper sind spezielle Motoren und eine angepasste Elektronik gefragt, da bei der Verwendung von Kunststoff keine hermetisch dichte Einkapselung möglich ist.
Es muss also eine Dauerfeuchtigkeitsbelastung und eine erhöhte Salzkonzentration bei den verwendeten Materialien berücksichtigt werden. Zudem muss eine konstante Temperatur von maximal 40 Grad gewährleistet werden. Das Implantat wird wegen der vorhandenen Feuchtigkeit vollständig abgedichtet, die Elektronik mit einer zusätzlichen Beschichtung geschützt und es wird ein bürstenloser Motor verwendet.
Hohes Drehmoment, selbst im Normalbetrieb
Die komplexe Elektronik übernimmt die Low-Level-Steuerung des Motors, die Steuerung des Pumpbetriebs, die Auswertung der Sensorsignale, die Kommunikation mit dem SmartCharger und das Batteriemanagement. Die Zahnradpumpe muss eingeschlossene Luft (z. B. nach einer Operation) ebenso pumpen wie Flüssigkeit. Das Einhalten sehr enger Toleranzen ist daher eine wichtige Bedingung, was wiederum ein hohes Drehmoment auch im Normalbetrieb erfordert.
Zudem kommt erschwerend hinzu, dass die Flüssigkeit in der Bauchhöhle viel Fibrin und Eiweisse aus dem Blutplasma enthält. Diese können leicht verklumpen und so den Pumpenbetrieb erheblich erschweren. Im schlimmsten Fall kann die Pumpe blockieren. Damit es nicht soweit kommt, führt die Pumpe in einstellbaren Intervallen eine kurze Bewegung ohne Volumentransport aus.
Der auf die spezifischen Anforderungen des Kunden abgestimmte maxon EC 13 Motor treibt die Pumpenzahnräder der alfapump an. Der Motor verfügt über Hall-Effekt-Sensoren, um eine zuverlässige und stabile Funktion insbesondere bei niedrigen Drehzahlen und bei hohen Lastdrehmomenten zu erreichen.
Zwei Prozessoren für maximale Überwachung
Neben einer speziellen Statorbeschichtung des sterilisierbaren Motors wird auch die Welle aus biokompatiblen Materialien gefertigt. Zudem ist eine spezielle Geometrie der Welle erforderlich. Mit dem kompakten Design des EC 13, dem äusserst geräusch- und vibrationsarmen Lauf und der geringen Wärmeemission ist der Antrieb speziell auf die Medizintechnik ausgerichtet.
Um die Patientensicherheit zu erhöhen, wird für die Motorsteuerung ein eigener Prozessor verwendet. Der Hauptprozessor konfiguriert die Motorsteuerung, um den gewünschten Volumentransport zu erreichen. Die Motorsteuerung überprüft, ob die jeweiligen Parameter gültig sind. Kommt es beispielsweise zu einer Abweichung der maximal zulässigen Pumpdauer, dann schaltet der Hauptprozessor das Motorsubsystem stromlos. Durch dieses Zweiprozessor-System ist die maximale Überwachung während des Pumpvorgangs gewährleistet und es bietet somit ein Höchstmass an Ausfallsicherheit sowie Patientensicherheit.
Verwendeter Antrieb
Der maxon EC 13 Motor treibt die Pumpenzahnräder des alfapump-Systems an. Der Motor verfügt über Hall-Effekt-Sensoren, um eine zuverlässige und stabile Funktion insbesondere bei niedrigen Drehzahlen und bei hohen Lastdrehmomenten zu erreichen.
Die ersten beiden kommerziellen Operationen zur Implantation des Pumpensystems erfolgten im Oktober 2011 in Wien, Österreich. Gemäss Prof. Dr. Markus Peck-Radosavljevic, Stellvertretender Abteilungsleiter, Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, sind die beiden kurzen Eingriffe problemlos verlaufen. «Ich glaube, dass das alfapump-System einen echten Durchbruch in der Behandlung von Aszites darstellt. Den Patientinnen und Patienten wird das Leben erleichtert, indem sie nicht mehr zu der anstrengenden Drainage-Prozedur ins Krankenhaus müssen», sagt Peck-Radosavljevic.