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Können Encoder-Kabel zu lang sein?
Jürgen Wagenbach weiss, was bei langen Encoder- oder Hall-Sensor-Kabeln zu beachten ist.
Standardkabel von Motoren und Sensoren haben oft nur eine Länge von 30 cm bis zu 3 m. Manchmal reichen diese Kabellängen nicht aus. Insbesondere dann, wenn die Steuerungen in dem Schaltschrank einer Maschine montiert sind, die einige Meter entfernt oder sogar in einem anderen Raum steht.
Es gibt keine allgemeingültige Antwort bezüglich der maximal möglichen Kabellänge. Kabellängen bis zu 10 m sind in der Regel problemlos möglich, sofern ein paar spezielle Vorkehrungen getroffen werden. Es wurden auch schon Kabellängen von bis zu 100 m erfolgreich umgesetzt – vorausgesetzt, dass die Installation entsprechend darauf abgestimmt und die Signalqualität während der ersten Inbetriebnahme geprüft und bestätigt wurde.
Wichtige Massnahmen beim Einsatz von langen Kabeln
Spontan wird häufig der Spannungsabfall auf Signalleitungen und zu tiefe Signalpegel als kritischer Punkt und Problemursache vermutet. Effektiv ist dies aber meist gar nicht zutreffend, weil Sensorsignale (z. B. von Hall-Sensoren und Encodern) oft nur die TTL-Spezifikation erfüllen müssen, bei der ein «High» lediglich einen Signalpegel von grösser als 2,1 V voraussetzt. Der notwendige Signalpegel ist in der Hardware-Referenz der entsprechenden maxon Steuerung in den Kapiteln mit der technischen Spezifikation der Hall-Sensor- und Encoder-Eingänge festgehalten.
1) Versorgungsspannung von Sensoren
Encoder sind in Bezug auf die Versorgungsspannung meist sehr eng toleriert. Bei einer Spezifikation von 5 V +/-5 % muss daher eine minimale Versorgungsspannung von 4,75 V am Encoderanschluss anliegen, um einen zuverlässigen Betrieb zu garantieren. Der Spannungsabfall auf der Versorgungsleitung kann bei langen Kabeln somit ein kritischer Faktor sein. Falls die Versorgungsspannung zu niedrig ist, können die Sensorsignale fehlerhaft sein oder ganz ausfallen. Die eigentliche Ursache von fehlenden Impulsen ist häufig die Versorgungsspannung und nicht wie erwartet der Signalpegel. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die angegebene Versorgungsspannung am Encoderanschluss anliegt. Dies kann verbessert werden, indem Litzen mit grösseren Leitungsquerschnitten eingesetzt werden. Grössere Leitungsquerschnitte sind dabei nur für die Versorgungsleitung und den Erdungsanschluss notwendig. Der Spannungsabfall über der Signalleitung ist, wie bereits erläutert, deutlich unkritischer.
Durch die generelle Verwendung von dickeren Litzen ergibt sich der Nachteil von weniger flexiblen, schwereren und teureren Kabeln. Kabel mit unterschiedlichen Litzenquerschnitten sind Sonderanfertigungen, die noch kostspieliger sind. Es gibt hier jedoch einen einfachen Praxistipp für eine gute und günstige Lösung:
Verwenden Sie mehr als nur eine Litze für die Versorgung und die Erdung
Kaufen Sie ein Kabel, das mehr Litzen hat, als eigentlich benötigt werden, z. B. ein Kabel mit 10 oder 12 Litzen, obwohl für einen Encoder typischerweise nur 8 Litzen benötigt werden. Verwenden Sie jeweils 2 oder 3 Litzen für die Versorgung und die Erdung. Solche mehradrigen Kabel sind Standard, sehr kosteneffizient und bieten eine bessere Flexibilität als Kabel mit einheitlich dickeren Leitungsquerschnitten.
2) Signaltyp von Sensoren
Es gilt generell die Empfehlung, nur Encoder mit differentiellen Signalen zu verwenden. Dies verbessert die Störfestigkeit und reduziert das Risiko einer falschen Impulserkennung, besonders bei der Positionsregelung. Bei langen Kabeln spielt die folgende, allgemeine Anforderung eine noch bedeutendere Rolle:
Verwenden Sie nur Encoder mit differentiellen Signalleitungen!
Hall-Sensor-Signale stehen meistens nicht als differentielle Signale zur Verfügung, aber sind betreffend der Auswirkung von einzelnen Fehlimpulsen auch nicht so kritisch. Trotzdem sollte die Gefahr von Signalstörungen und deren negative Auswirkung, die auch von den bereits genannten Massnahmen abhängig sind, ebenso bei Hall-Sensoren bewertet werden. Falls diese Gefahr oder Fehlermeldungen durch die Steuerung bezüglich der Hall-Sensor-Signale vorliegen, kann es notwendig sein, einen Line Driver in Motornähe und einen Line Receiver in der Nähe der Steuerung für die Hall-Sensor-Signalleitungen zu installieren.
3) Reduktion von elektromagnetischen Störungen
Das Risiko von elektromagnetischen Störungen steigt bei langen Signalkabeln stark an, z. B. ist nicht immer eindeutig ersichtlich, welche anderen Kabel in der Maschine nahe der Signalkabel liegen. Der Einsatz von geschirmten Kabeln insbesondere bei Stromkabeln von induktiven Lasten, wie Motoren, Relais, Schütze, Pumpen, Lüfter, Leuchtstoffröhren (um nur einige Beispiele zu nennen), wird dadurch noch wichtiger.
- Führen Sie keine Signal- und Motorstromleitungen im selben Kabel!
- Verwenden Sie keine Flachkabel! Flachkabel sind deutlich kritischer bezüglich Störeinstrahlungen und besitzen selten eine Abschirmung.
- Verwenden Sie geschirmte Kabel für Strom- und Motorleitungen!
- Legen Sie den Kabelschirm mit Erdungsklemmen an beiden Kabelenden des langen Kabels auf Erdpotential!
- Versuchen Sie, Motorkabel und Signal- oder Sensorkabel räumlich zu trennen und verlegen Sie sie nach Möglichkeit nicht aufeinander.
Werden alle diese Massnahmen umgesetzt und die Signalqualität während der ersten Inbetriebnahme überprüft, reduziert dies die Nachteile und Risiken von langen Kabeln während des Betriebs.