Robotertechnik für raue Umgebungen

In diesem Artikel erfahren Sie, wie ein Unternehmen mithilfe kreativer Designmethoden und Online-Konfigurationstools kundenspezifische Motoren und Getriebe für ihre neuesten Roboterarme und Greifer bereitstellt, die sich für eine Vielzahl von Anwendungen eignen. 

Paul Phillips, CEO von Blueprint Lab, hat zwei Leidenschaften: die Mechatronik einerseits und das Surfen und Tiefseetauchen andererseits. Diese vereint er in seinem in Sydney, Australien, ansässigen Unternehmen, das Produkte konstruiert und fertigt, die in den rauen Umgebungen am Meeresboden betrieben werden. Paul erklärt: «Schon früh habe ich erkannt, dass die Hersteller von Unterwasserfahrzeugen auf spezielle Hardware angewiesen sind, um ferngesteuerte Manipulationsaufgaben zu erfüllen. Die eigene Entwicklung solcher Tools war unerschwinglich teuer und untragbar komplex. Doch das Team von Blueprint Lab «liebt Technik über alles» und deshalb haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, technisch innovative Produkte zu entwickeln. Wir lieben unsere Arbeit.» 

Reach Alpha 5, der leichteste Unterwassermanipulator der Welt, hat fünf Funktionsmöglichkeiten.

Was die robotischen Manipulatoren und Greifer des Unternehmens auszeichnet, ist ihre Grösse. Reach Alpha 5 ist laut Paul der kleinste ROV-Manipulator der Welt. Im zusammengeklappten Zustand misst er gerade mal rund 23 x 15 x 4 cm (~9 x 6 x 1.5 Zoll). Voll ausgefahren ist der Arm rund 58 cm (~23 Zoll) lang und kann bei einer dynamischen Reichweite von rund 40 cm (~16 Zoll) etwa 2 kg (~4.4 Pfund) Gewicht tragen. Die axiale Belastbarkeit des Reach Alpha 5 liegt dabei bei rund 100 kg (~220 Pfund), und die Schliesskraft des Endeffektors beträgt etwa 600 N. Ausgelegt sind die Geräte sind für den Betrieb in Tiefen von bis zu 300 Metern (fast 1000 Fuss).

Der vollelektrische Reach Alpha 5 wird mit 18-30 VDC betrieben und ist eine nützliche Ergänzung zu jedem ROV. Das System lässt sich schnell und einfach über RS232//RS485-Standardprotokolle integrieren und ist mit einer Leckerkennung ausgestattet, die vor dem Start des Fahrzeugs für Sicherheit sorgt. Als austauschbare Endeffektoren werden Standard-Zangengriffe sowie Vierbackenzangen, spezielle Rettungszangen, Nadelgreifer, Zangen mit weiche Backen, Parallelzangen und Seilschneidezangen angeboten. Die Geräte sind überwiegend aus harteloxiertem AL6061-Aluminium gefertigt. Sowohl die Arme als auch die Endeffektoren können für den Einsatz in rauen Umgebungen oder wenn eine höhere Festigkeit erforderlich ist, aus rostfreiem Stahl hergestellt werden. 

Angetrieben wird Reach Alpha 5 von maxon DCX 16-mm Motoren und Planetengetrieben. Die Motoren sind in einer Side-by-Side-Anordnung integriert, sodass sie effizient in beide Richtungen betrieben werden können. Damit die Einheit kompakt bleibt, ist die eigens entwickelte Steuerung zwischen den Motoren eingepasst. Als Endantrieb wird ein ebenfalls selbst entwickeltes Spiroid-Getriebe eingesetzt. Das Feedback für das System erfolgt über einen eingebauten Halleffekt-Absolut-Encoder. «Für die Gelenke mit höheren Drehmomenten verbauen wir drehmomentstarke Getriebe, die deine grössere Tragfähigkeit bieten. Bei anderen Gelenken wie dem Greifer und den Inline-Rotationsmotoren waren die DCX-Standardkomponenten ausreichend», so Paul.  

Er fügt hinzu: «Da wir die Hardware, Firmware und Software für unsere Produkte selbst entwickelt haben, können wir unseren Kunden ein viel höheres Mass an Optimierung, Wartungsfreundlichkeit und Support bieten.» Die grösste Herausforderung für das Unternehmen bestand darin, ein Produkt vom Prototyp bis zur Produktionsreife zu entwickeln. Denn um die von den Kunden geforderte Konformität, Prozessfähigkeit und Wiederholbarkeit in der Produktion zu gewährleisten, muss jedes Mal zwingend alles perfekt sein. Blueprint Lab sieht deshalb einen der grössten Vorteile von maxon im Online-Konfigurator für kundenspezifische Motoren, der es den Kunden ermöglicht, Motoren rund um die Uhr zu bestellen. Die Produkte werden innerhalb von nur elf Tagen in den vom Markt geforderten Produktionsmengen geliefert. 

Das maxon DCX-Programm umfasst Motoren mit hoher Leistungsdichte, hohem Wirkungsgrad und hoher Laufruhe. Motoren in Grössen von 6 mm bis 35 mm können online konfiguriert werden. Dabei hat der Kunde die Wahl zwischen Edelmetall- oder Graphitbürsten, Kugel- oder Sinterlagern und vielem mehr in einem geschlossenen oder rahmenlosen Gehäuse. Mit dem Online-Konfigurator von maxon können Anwendende DC- oder BLDC-Motoren sowie Planetengetriebe und Sensoren nach individuellen Vorgaben konfigurieren und kombinieren. Im Laufe der unterschiedlichen Generationen des Produkts wurden der Motor und die Getriebeübersetzung angepasst, um die Kundenanforderungen besser zu erfüllen und die Robustheit zu verbessern. Paul erklärt: «Mit der DCX-Baureihe konnten diese Änderungen nahtlos vorgenommen werden, ohne dass mechanische Konstruktionsarbeit erforderlich war.»  

In der Entwicklungsphase eines Aktuators kann das Unternehmen zum Beispiel bis zu 20 Motorvarianten online bestellen, bevor es sich für das richtige Produkt entscheidet. Das spart dem Unternehmen Geld, denn Forschungszeit ist sehr viel teurer. Ausserdem kann Blueprint Lab so alle verfügbaren Optionen vor der Auswahl testen. 

Im Manipulator Reach Alpha 5 werden durchweg DCX 16-mm Motoren von maxon eingesetzt.

In einem Brainstorming mit Bianca Braun und Brett Motum von maxon kamen weitere Ideen zur Sprache. Paul und sein Team wollten über maxon Steuerungen sprechen. Ein erster Wunsch des Unternehmens wäre es, den maxon Servoverstärker ESCON in einer abgespeckten Version für den jeweiligen Motordurchmesser einzusetzen. Von dort führte das Gespräch zu Verfahren, bei denen eine Steuerung von einer Ingenieursfachkraft konfiguriert werden könnte. Dabei wählen Konstrukteur:innen unter bereits in der Motorsteuerungshardware integrierten Funktionen aus und konfigurieren die Form der Steuerung dann online. «Dass maxon neuen Ideen gegenüber so offen war, war wichtig», meinte Paul.

Die Robotermanipulatoren des Unternehmens werden vorrangig an schwer zugänglichen oder gefährlichen Orten eingesetzt. Auf ROVs montiert, führen diese Einheiten Such- und Bergungseinsätze durch, inspizieren Offshore-Infrastrukturen für Öl und Gas, sammeln Proben für die meereswissenschaftliche Forschung und unterstützen spezielle Bergungseinsätze des Militärs und ziviler Ersthelfer. Nebst der Arbeit unter Wasser kann Reach Alpha 5 auch für Polizei- und Militäreinsätze als Bombenentschärfungsroboter und zur genauen visuellen Inspektion von Petrochemie- und Nuklearbetrieben verwendet werden.

Weil die Kerntechnologien für den Reach Alpha 5 im eigenen Haus entwickelt wurden, hat Blueprint Lab einen grossen technischen Vorsprung gegenüber anderen Unternehmen, die in breitere Märkte wie Nuklear-, Petrochemie-, Land- und Raumfahrtanwendungen expandieren. «"Wir denken immer an die nächsten Entwicklungen», erklärte Paul. So sind beispielsweise Algorithmen für maschinelles Lernen ein heisses Thema bei dem Unternehmen, das in seinen neuesten Produkten Hardware implementiert, die ihm den Weg in die KI-Zukunft ebnen wird. 

Blueprint Lab ist ein zukunftsorientiertes, technikbegeistertes Unternehmen mit über 20 kreativen Ingenieur:innen, denen die Arbeit so richtig Spass macht. Paul räumt ein, dass er es begrüssen würde, wenn sich mehr Ingenieurinnen bei dem Unternehmen bewerben würden. «Es wäre schön, wenn in Australien mehr Frauen unter den Mechatronik-Ingenieuren vertreten wären», sagte er. «Wir sind immer auf der Suche nach dynamischen Menschen, und es gibt derzeit einfach nicht genug weibliche Studierende im Bereich Roboterindustrie.»  

Es ist erstaunlich, was man alles erreichen kann, wenn man die richtigen Ingenieur:innen und die richtigen Produkte zusammenbringt. Blueprint Lab hat es sich zur Aufgabe gemacht, Präzisionskomponenten wie maxon Motoren in ihren Produkte zu verbauen. Mit der Zunahme von ferngesteuerten Fahrzeugen aller Art, die Roboterarme und Greifer verwenden, sieht die Zukunft für Blueprint Lab wahrlich rosig aus.