maxon Story
Newcomer der TU Berlin treten mit eigenem Exoskelett an
Das Team RISE aus Deutschland nimmt 2024 erstmals am Cybathlon teil. Team-Leiter Lukas Schneidewind erklärt im Gespräch die Herausforderungen und die Zukunft der Assistenztechnologie.
Seit die Idee 2013 geboren wurde, ist maxon Teil des Non-Profit-Projekts Cybathlon der ETH Zürich. Entwicklerteams aus der ganzen Welt arbeiten gemeinsam mit und für Menschen mit Beeinträchtigung an Assistenztechnologien. Alle vier Jahre treten sie in Wettkämpfen in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an.
maxon engagiert sich als Gold Partner des Cybathlons, unterstützt aber auch lokale Teams finanziell und durch Expertise. Eines dieser Teams kommt aus Deutschland, genauer gesagt von der Technischen Universität Berlin. Gemeinsam mit der studentischen Initiative «Sozial Engagierte Ingenieur*innen» (SEI) startet der Fachbereich Medizintechnik mit RISE (Research and innovation in student exoskeleton development) ein innovatives und praxisnahes Modul an der TU Berlin, um Menschen mit Querschnittlähmung das Aufstehen und Gehen zu ermöglichen.
Gemeinsam mit den Pilot:innen wird das robotische Exoskelett – also ein High-End-Hilfsmittel – in transdisziplinären Teams von mehr als 40 Studierenden von Grund auf entwickelt und optimiert. Ziel ist es, in aufeinander aufbauenden Arbeitspaketen wie Konzeption, Entwicklung, Produktion und Erprobung ein konkurrenzfähiges Exoskelett aufzubauen, das am Cybathlon 2024 im Wettkampf der Para-Athleten siegreich ist.
Lukas Schneidewind, Team-Leiter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Medizintechnik des Instituts für Maschinenkonstruktion und Systemtechnik, gibt im Interview tiefere Einblicke in das Projekt und zeigt, wo die technischen und organisatorischen Herausforderungen liegen.
Lukas, was ist die Idee von RISE?
Lukas Schneidewind: Das Team RISE (Research and Innovation in Student Exoskeleton Development) arbeitet seit 2022 mit Begeisterung an der Entwicklung und Konstruktion eines Exoskeletts für Menschen mit Querschnittlähmung. Unser Ziel ist es, mit dieser Technologie vom 25. bis 27. Oktober 2024 am internationalen CYBATHLON an der ETH Zürich teilzunehmen.
Was sind die technischen Herausforderungen bei diesem Projekt?
Lukas Schneidewind: Da gibt es einige: Ganz allgemein die Komplexität der Gesamtentwicklung mit der Notwendigkeit einer sicheren und robusten Gewährleistung aller Unterfunktionen. Angefangen mit der aufwändigen Anforderungsermittlung an das System. Die Anforderungen müssen zunächst von Grund auf definiert werden. Die Herausforderungen decken eine Vielzahl an technischen und nutzendenzentrierten Bereichen ab. Von mobiler Energiezufuhr und Leistungselektronik, Abwärme, Leistungsvermögen, Leichtbau, Softwareinfrastruktur und Kommunikation, Reglermodellierung sowie Nutzendenfreundlichkeit und Intuitivität, müssen viele Themen gleichzeitig angegangen werden.
Eine große Herausforderung des diesjährigen Cybathlons ist die neue Anforderung einiger Hindernisse an eine stabile Gleichgewichtsregelung der Exoskelette. Dadurch ergeben sich technisch einige neue Aufgaben, wie beispielsweise die Erhöhung der Freiheitsgrade, um Korrekturbewegungen ausführen zu können.
Wie kommen hier die maxon Motoren zum Einsatz?
Lukas Schneidewind: Die Motoren stellen den Kern des Antriebsstrangs dar und müssen bei unseren acht Freiheitsgraden entsprechend möglichst kompakt und leistungsdicht sein, damit wir eine hohe Dynamik trotz geringem Gewicht ermöglichen können.
Warum haben ihr euch für maxon Motoren entschieden?
Lukas Schneidewind: maxon ist nicht nur im Cybathlon-Umfeld weit bekannt, sondern bereits in diversen High-Tech-Applikationen zu finden. Von verschiedenen Exoskeletten bis hin zu Mars-Rovern sind bereits einige ruhmreiche Einsatzgebiete bekannt, was auf die Zuverlässigkeit und Qualität der Motoren rückschliessen lässt. Darüber hinaus ist maxon auch sehr gut vernetzt, sodass die Kooperation mit unserem Getriebehersteller Ovalo problemlos möglich war.
Wie ist dein Team aktuell aufgebaut?
Lukas Schneidewind: Wir haben eine flache Struktur mit einer sehr dünnen Leitungsebene aus wenigen Personen, die das Projekt betreuen. Im Kern organisieren wir unsere über 40 fleissigen Studenten über die fünf Fachbereiche Konstruktion, Elektrotechnik, Regelungstechnik, Human Machine Interaction, und Biomechanik, in denen sich aktuell 13 Teams bilden.
Einige Teilnehmer entwickeln und optimieren ihre Exoskelette bereits seit Jahren. Ihr nehmt als Newcomer am Cybathlon teil, wie schätzt ihr eure Chancen ein?
Lukas Schneidewind: Natürlich wäre es vermessen, direkt auf den Wettbewerbs-Sieg zu setzen. Unser Team hat seit Oktober 2022 grundlegend auf einem weissen Blatt Papier begonnen. Eine Systementwicklung innerhalb von zwei Jahren ist eine Mammutaufgabe. Wir sind auf einem guten Weg und das grosse Ziel ist es, das Exoskelett an den Start zu bringen. Wenn wir am Ende ein paar Hindernisse auslassen müssen, wäre das nicht dramatisch. Auf der anderen Seite stehen aber auch fast alle Teams vor der neuen grossen Herausforderung durch die Änderungen der Hindernisse und die geforderte Gleichgewichtsregelung. Eine Anpassung bestehender Systeme kann manchmal auch komplizierter werden als die komplette Neuentwicklung. Auch wenn diese Teams natürlich von ihrer bisherigen Erfahrung profitieren.
Zum Schluss ein Ausblick: Was kommt nach der Teilnahme am Cybathlon?
Lukas Schneidewind: Vermutlich erstmal Urlaub. Aber wir werden natürlich weiter machen und wollen unser neugegründetes studentisches Team verstetigen und eigenständiger verwalten lassen. Damit haben wir schon im letzten Semester begonnen mit einer studentisch geleiteten Projektwerkstatt, sodass wir als Fachgebiet nur noch die fachliche und räumliche Unterstützung darstellen und das Exoskelett als Forschungsplattform einsetzen können.