maxon Story
Mit der Pumpe gegen Corona


Mit der Corona-Pandemie musste das «Winnipeg Ventilator»-Projekt einige kritische Entscheidungen hinsichtlich Design und Bauteilwahl treffen. Dies galt insbesondere für die Motoren, die in der mechanischen Pumpenkonstruktion zur Anwendung kamen.
Angesichts der weltweit steigenden Zahl von COVID-19-Fällen prüfte die kanadische Regierung mit Besorgnis die Zahl der Beatmungsgeräte, die für den Fall einer Überlastung der Krankenhäuser verfügbar waren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht zwar davon aus, dass fast achtzig Prozent aller infizierten Menschen ohne Behandlung wieder gesund werden, doch für Patient:innen, die im Krankenhaus aufgenommen wurden, kann die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Beatmungsgerät benötigen, erheblich höher liegen. Damit ein Beatmungsgerät eingesetzt werden kann, muss der Patient oder die Patientin intubiert werden (d. h. ein Schlauch wird an den Stimmbändern vorbei in die Luftröhre eingeführt und dann abgedichtet, um die Beatmung sicherzustellen). So kann Luft wie bei einem normalen Atemvorgang in die Brust und Lungen und wieder heraus gepumpt werden, bis sich der Patient oder die Patientin erholt hat. Bedarf bestand weltweit und die Länder waren bemüht, die Kluft zwischen der Anzahl der Patient:innen, die ein Beatmungsgerät benötigten, und der Anzahl der verfügbaren Beatmungsgeräte zu schliessen.
Der Winnipeg Ventilator 2.0 (von StarFish Medical konzipiert und hergestellt) ist ein mechanisches Beatmungsgerät für den Notfalleinsatz. Das Gerät dient als Ergänzung zu den derzeit zugelassenen und vermarkteten Beatmungsgeräten, falls die Zahl der Fälle die reguläre Kapazität übersteigt. Dabei musste es sehr flexibel einsetzbar sein, um einer Vielzahl von Patientenbedürfnissen zu verschiedenen Zeiten gerecht zu werden. Manche Lungen sind beispielsweise sehr steif, andere hingegen überhaupt nicht, und der Sauerstoffbedarf unter diesen Umständen schwankt stark. Ein Beatmungsgerät muss ausserdem so vielseitig sein, dass es je nachdem, wie der Patient oder die Patientin auf die Behandlung reagiert, verschiedene Modi und Sauerstoffkonzentrationen liefern kann.
Der Winnipeg Ventilator ist auf einem Rollwagen aufgebaut und wird mithilfe einer integrierten Firmware über eine aus mehreren Tasten, Knöpfen und Schaltern bestehenden Benutzeroberfläche gesteuert. Messparameter werden auf analogen und digitalen Displays angezeigt, sodass die Anwender das Gerät ganz genau auf die Bedürfnisse eines jeden Patienten bzw. einer jeden Patientin einstellen können. Das Gerät überwacht das inspiratorische Tidalvolumen, den Atemwegsdruck, Sauerstoffgehalt sowie die Atemfrequenz. Zum Gerät gehören auch eine Anzahl an Alarmfunktionen für den Fall, dass Messwerte ausserhalb der zulässigen Parameter liegen. In der Regel müssen Patient:innen bis zu vierzehn Tage lang durchgehend beatmet werden.
Zu den wichtigsten Merkmalen des Winnipeg Ventilator 2.0 gehören die Kompatibilität mit Wand- und Flaschensauerstoffquellen, die Verwendung von Umgebungsluft anstelle einer Luftversorgung sowie eine intuitive und einfach zu bedienende Benutzeroberfläche. Das Gerät musste ausserdem einen benutzerfreundlichen, einfachen Zugriff auf alle Parameter und eine unkomplizierte Einstellung bieten. Mit dem integrierten Batterie-Notstromsystem ist jede Einheit leicht zu manövrieren und zu transportieren.
Auswahl des Motors
StarFish Medical hatte Motoren von maxon bereits in mehreren Projekten verwendet und war mit ihrem Wirkungsgrad und insbesondere ihrer Zuverlässigkeit sehr zufrieden. Da die Motoren mit vielen nützlichen technischen Daten für jedes Modell geliefert werden, ist es einfacher, die Auswahl auf einige wenige Optionen zu beschränken. Das Projekt schritt jedoch so schnell voran, dass das Team von StarFish Medical gezwungen war, eine erste Motorauswahl zu treffen, noch bevor die genauen Anforderungen festgelegt waren. Das Hauptziel bestand zunächst darin, einen Motor zu finden, der ohne Weiteres verfügbar war und eine ausreichende Leistungsspanne bot, um den Erfolg zu garantieren.
In Zusammenarbeit mit dem Konstruktionsteam von StarFish Medical schlug der technische Support von maxon einen bürstenlosen Motor ohne Getriebe vor, weil er den Anforderungen der Anwendung gerecht wurde und kurzfristig verfügbar war. Die Produktionskapazitäten von StarFish Medical wurden durch Südkorea gesichert, damit der Zeitplan für die anfängliche Nachfrage eingehalten werde konnte.
Die Umstellung des ursprünglichen Designs auf einen bürstenlosen DC-Motor stellte die Konstrukteure vor einige interessante Herausforderungen. Glücklicherweise hatte das Team von StarFish Medical bereits Erfahrung mit solchen Anpassungen und konnte seine bestehenden Konstruktionspläne so anpassen, dass die Umstellung schnell und einfach vonstatten gehen konnte. Trotz der vielfältigen Konstruktionsmöglichkeiten fand StarFish Medical die Elektromotoren von maxon anwenderfreundlich. Anstatt eine standardisierte Option von der Stange zu verwenden, entschied sich das Unternehmen, eine individuelle Soft- und Hardware zu entwickeln, um die Motorauswahl voll ausnutzen zu können.
Anforderungen und Betrieb des Motors
Der Motor treibt eine Kugelumlaufspindel an, welche die Kolbenposition steuert, damit das Beatmungsgerät den Patienten bzw. die Patientin mit «Atemzügen» versorgen kann. Das StarFish Medical Team entschied sich für einen 200-Watt-Motor, der einen gewissen Spielraum für Drehmoment- und Drehzahlvariationen bietet. Gefordert wurden unter anderem eine Höchstgeschwindigkeit von 215 mm/s, eine maximale Beschleunigung von 7.2 m/s2, eine Beschleunigungs-/Verzögerungsrampe von 0.05 s zur Höchstgeschwindigkeit sowie 1.5 bis 15 Millionen Zyklen. Eine der flexiblen Anforderungen an den Betrieb war, dass das System in der Lage sein muss, sehr schnell von Einatmung auf Ausatmung umzuschalten, wenn das Beatmungsgerät eine Notlage des Patienten bzw. der Patientin feststellt.
StarFish Medical bestellte zunächst 7500 EC-i 52 Motoren mit ENX Hall-Effekt-Sensoren (siehe Abbildung). Mit ihrem optimierten Magnetring bieten diese Motoren eine sehr hohe Drehmomentdichte sowie ein niedriges Rastmoment. Der mehrpolige Innenrotor ist extrem dynamisch. Insgesamt eignet sich der Motor aufgrund seiner soliden Konstruktion mit Stahlflanschen und einem Stahlgehäuse für eine Vielzahl von Anwendungen, die Leistungsfähigkeit und ein hohes Tastverhältnis erfordern.
Wenn Verfügbarkeit zum Hauptfaktor wird, kann die Auswahl des richtigen Motors für Ihre Konstruktion eine knifflige Sache sein. Die Zusammenarbeit mit einem Partner, der über die nötige Erfahrung und das Fachwissen in Ihrer Branche verfügt und auf Ihre Lieferbedürfnisse eingehen kann, ist der Schlüssel für eine Auswahl, die Ihren Anforderungen gerecht wird. Im Winnipeg Ventilator Projekt konnte maxon seine Erfahrung und sein Wissen aus der langjährigen Zusammenarbeit mit medizintechnischen Firmen einbringen und Vorschläge zur Produktauswahl machen, die dem dringenden Bedarf von StarFish Medical entsprachen.