maxon Story

MIRA: Das kleinste roboterassistierte System im Operationssaal

VIC-PS-6495_cover imageVIC-00271

Fortschritte im Bereich der roboterassistierten Chirurgie (RAC) haben zu einem kleinen Roboter geführt, mit dem Chirurg:innen Zugang zu allen Quadranten erhalten, ohne dass eine grosse, schwerfällige externe Plattform angedockt und wieder abgedockt werden muss.

Die Fortschritte bei der Entwicklung von Systemen für die roboterassistierte Chirurgie (RAC) verfolgen weiterhin das Ziel, Eingriffe mittels kleiner Inzisionen vorzunehmen. Zu diesem Zweck wird Chirurg:innen die präzise Steuerung von Roboterarmen und Kameras ermöglicht. Ziel der RAC ist es, Chirurg:innen dabei zu unterstützen, Eingriffe reproduzierbar und minimalinvasiv durchzuführen, was wiederum Vorteile, wie etwa geringere Schmerzen und kürzere Spitalaufenthalte, mit sich bringen kann. 

Angesichts der zunehmenden Nachfrage nach RAC suchen Einrichtungen nach Optionen, die Ausweitung ihrer Programme zu beschleunigen.  Das Ziel von Virtual Incision (Lincoln, Nebraska, USA) ist es, Einrichtungen eine Möglichkeit zu bieten, roboterassistierte Systeme in ihre klinischen Abläufe zu integrieren und damit die Effizienz zu steigern, ohne ihre bestehende Infrastruktur zu beeinträchtigen. Deshalb hat das Unternehmen mit MIRA die weltweit erste miniaturisierte RAC-Plattform entwickelt und hergestellt, die sich leicht transportieren und in jedem Operationssaal aufstellen lässt. Das System besteht aus MIRA, einer OP-Konsole, die für die vollständige Kontrolle über die MIRA-Instrumentenarme und die endoskopische Sicht auf die Anatomie in Echtzeit sorgt, sowie einem dazugehörigen Wagen zum einfachen Transport der Ausrüstung. Die Einrichtung ist denkbar einfach. Ziel ist es, den 90 Prozent der Operationssäle, die derzeit noch keinen Zugang zu einem RAC-System haben, diesen Zugang zu ermöglichen, so dass eine grössere Anzahl von Patient:innen versorgt werden kann.

Die drei Komponenten von MIRA lassen sich schnell und einfach einrichten, sodass jeder Operationssaal unabhängig von seiner Größe genutzt werden kann.

1-light-gray
2-light-gray
3-light-gray
1-light-gray
2-light-gray
1/3

Bei der Konstruktion von MIRA stellte Virtual Incision fest, dass die grösste technische Herausforderung darin bestand, ein kleines, tragbares und einfach zu bedienendes Gerät zu entwickeln, das gleichzeitig stark genug war, um anspruchsvolle Operationen durchzuführen – wie beispielsweise Darmresektionen, für die das Gerät im Rahmen einer IDE-Studie erfolgreich eingesetzt wurde, um die Marktzulassung durch die FDA zu unterstützen. Ausserdem wollte das Unternehmen das Gerät so konstruieren, dass es zwischen den Einsätzen leicht zu reinigen und zu sterilisieren ist. Damit entfiele die Notwendigkeit des Abdeckens, das bei den meisten derzeit auf dem Markt angebotenen Systemen erforderlich ist. Das Abdecken erhöht den Zeitaufwand zwischen den Eingriffen und reduziert möglicherweise die Anzahl der Patient:innen, die behandelt werden können.

MIRA stellt im Vergleich zu den Ausleger- oder Sockelsystemen (den «Mainframes»), die eine grosse Stellfläche benötigen und weniger mobil sind, eine äusserst differenzierte Lösung dar. Solche Systeme eignen sich nur für den Einsatz in geräumigen Operationssälen, da sie aufgrund ihrer umständlichen Einrichtung die Arbeitsabläufe im OP stören und die Sicht und Bewegungsfreiheit des Hilfspersonals behindern können. 

Die Bewegungskomponenten

Virtual Incision entschied sich bei der Konzipierung von MIRA für die Zusammenarbeit mit maxon, um gemeinsam die weltweit erste, integrierte Gelenkkamera für ein RAC-System zu entwickeln. Das System stellt aufgrund der hohen Drehzahlen und Drehmomente hohe Anforderungen. Mit seinem umfassenden Motorensortiment und seinem international renommierten Expertenwissen war maxon bestens in der Lage, den schnellen, iterativen «Make and Improve»-Designprozess von Virtual Incision zu unterstützen. Auch Test- und Qualifizierungsaktivitäten werden unterstützt, um die Zuverlässigkeit und Kohärenz der im MIRA-System verwendeten Baugruppen zu gewährleisten. Das Ingenieurteam von maxon war von der Konzeption über die Konstruktion bis zur Fertigung der Subsysteme behilflich. Virtual Incision hat die gesamte zugehörige Hardware, Firmware und Software selbst entwickelt, um die Miniaturisierung und die Leistungsmerkmale der Geräte zu optimieren. 

Das Team konnte den Wirkungsgrad des Systems steigern und die zu liefernde Abgabeleistung für jedes Gelenk maximieren. Aufgrund dieses Konstruktionsmerkmals ist MIRA für seine Grösse sehr stark. Es kann an jeder beliebigen Position im Arbeitsraum eine Abgabekraft von bis zu ca. 8.90 N aufbringen und bleibt dabei schnell und wendig. 

Ein einzigartiger Ansatz

Bei den RAC-Systemen des Mainframe-Typs befinden sich die Motoren ausserhalb des Gehäuses auf Auslegern oder Sockeln, um dem Gerät ausreichend Kraft zu verleihen. MIRA verdankt seine Kraft bei geringer Grösse der Tatsache, dass die Motoren innerhalb des Gehäuses untergebracht sind. Die starren (nicht schlangenartigen) Arme mit den innen angeordneten Motoren liefern die erforderliche Kraft und ermöglichen gleichzeitig die Triangulation der Kamera und der Instrumente. Das Gerät wurde bereits klinisch für Darmresektionen verwendet, und dies war auch das erste Mal, dass die Motoren eines RAC-Geräts im menschlichen Körper selbst eingesetzt wurden.

VIC-00271

Die starren Arme mit den innen montierten Motoren bieten Stabilität und ermöglichen gleichzeitig die vollständige Triangulation der Kamera und Instrumente.

In der Chirurgie sind sowohl Kraft als auch Geschwindigkeit gefragt. Durch den Einsatz hocheffizienter Motoren der Spitzenklasse wurde MIRA speziell für die Manipulation grosser und schwerer Organe, wie dem Dickdarm, entwickelt. Das RAC-System muss in der Lage sein, die Bewegungen des Chirurgen in Echtzeit zu imitieren, um bei Bedarf schnell reagieren zu können. 

Ausser Kraft erfordern kolorektale Eingriffe oft auch, dass das RAC-System mehrere Quadranten des Abdomens erreichen kann – manchmal auch alle vier. Mainframe-Systeme mit mehreren Ports erfordern eine umsichtige Anordnung der Ports und eine sorgfältige Choreografie der Abläufe, um Kollisionen der Arme ausserhalb des Patienten zu vermeiden. Das miniaturisierte, in sich geschlossene Design von MIRA ermöglicht einen uneingeschränkten anatomischen Zugang ohne die Gefahr von Kollisionen der Arme ausserhalb des Patienten. Darüber hinaus gewährleistet die Konstruktion der Gelenkkamera eine korrekte Triangulation zwischen den Instrumenten und der Kamera in allen Operationsszenarien.

Da es sich um ein Medizinprodukt handelt, wurde bei der Entwicklung von MIRA besonderes Augenmerk auf Sterilisierbarkeit, Biokompatibilität, elektrische Sicherheit und Elektrokauterisierung gelegt. 

Fazit

Virtual Incision ist davon überzeugt, dass Innovationen am besten und produktivsten gelingen, wenn man sie einfach in Angriff nimmt und umsetzt. Das Unternehmen entwickelt Produkte, indem es ein neues Produkt entwirft, dieses ausgiebig testet und aus den dabei gemachten, vielschichtigen Erfahrungen vieles lernt. Dieser «Make and Improve»-Ansatz hat es dem Unternehmen ermöglicht, Iterationen in kürzester Zeit zu implementieren und so die Grenzen des technisch Machbaren immer weiter zu verschieben, in diesem Fall durch die Herstellung kleinerer RAC-Geräte. Als Partner hat maxon sowohl sein technisches Know-how als auch seine Bereitschaft, Variationen auszuprobieren, in die Innovationen von Virtual Incision eingebracht. 

Im Ergebnis ist MIRA das kleinste RAC-System, das auf dem Markt erhältlich ist. Es bietet für seine Grösse eine beachtliche Kraft und ermöglicht eine schnelle Einrichtung in jedem Operationssaal. Dies gilt auch für den Weltraum, denn eine Ausführung von MIRA wurde 2024 auf der Internationalen Raumstation ISS getestet. Dabei steuerten Chirurg:innen auf der Erde das Gerät mittels einer Konsole und simulierten chirurgische Tätigkeiten, wie das Schneiden von simuliertem Gewebe und die Manipulation kleiner Objekte.  

 

Weitere Informationen:

Virtual Incision
 

 

© by © maxon motor ag