maxon Story
Exoskelett für die medizinische Rehabilitation


Eine intelligente und datengestützte Behandlungstherapie hilft Patient:innen, neurologische und motorische Bewegungsstörungen zu bewältigen.
Harmonic Bionics wollte in erster Linie Patient:innen und deren Pflegekräfte unterstützen. Aus dieser Zielsetzung heraus entwickelte das Unternehmen eine intelligente Technologie, die ein datengestütztes Behandlungsprotokoll für neurologische und motorische Bewegungsstörungen ermöglicht. Dabei übernahm Harmonic Bionics die gesamte Konstruktion und den Zusammenbau seines bilateralen Aussenskeletts für die oberen Extremitäten – das Harmony SHR™.
Das Harmony SHR unterstützt eine frühe Intervention, funktionelles Training und eine zielgerichtete Behandlung, damit das therapeutische Fachpersonal die Oberkörperrehabilitation effizienter und effektiver gestalten kann. Der Harmony SHR ist das Kernprodukt des Unternehmens und soll als solches in drei Praxisbereichen einzigartige Vorteile schaffen: in der neuro- und bewegungswissenschaftlichen Forschung, bei der Bewertung von Bewegungsstörungen und in der Rehabilitation. Zur Senkung des Konstruktionsaufwands setzt Harmonic Bionics auf handelsübliche Standardprodukte, sogenannte «Commercial off-the-shelf»-Bauteile oder kurz COTS. Diese werden je nach individueller Anforderung in die unterschiedlichen Roboteraktuatoren des Unternehmens integriert. Dabei musste Harmonic Bionics in der Konstruktionsphase manchmal kleinere Kompromisse eingehen, zum Beispiel zwischen der Grösse des Aktuators und dessen Tragfähigkeit/Gewicht oder zwischen dem maximalen Drehmoment und der Drehmomentempfindlichkeit. Das Endprodukt ist stark genug, um die physiotherapeutischen Übungen zu unterstützen, aber trotzdem leicht und handlich genug, um eine einfache Anwendung zu gewährleisten.
Bei den gängigen Anwendungen von Roboterarmen werden Menschen von deren Bewegungen ferngehalten, um Verletzungen zu vermeiden. Marktübliche Roboterarme sind in der Regel nicht auf den sicheren Umgang mit Menschen ausgerichtet. Das heisst, sie erkennen nicht, wenn sich Menschen in ihrem Bewegungsraum befinden und können sich nicht um einen Menschen herumbewegen, während sie einer programmierten Aufgabe nachgehen. Der direkte Kontakt mit einem typischen Roboter könnte daher für den Menschen sehr gefährlich sein, besonders bei Anwendungen in der Physiotherapie. Der Harmony SHR hat dieses Problem gelöst. Seine Roboterarme sind kraftempfindlich und werden, anstelle der sonst üblichen Positionssollwerte, über Krafteingaben der Anwendenden gesteuert.
Bei Anwendungen in der Physiotherapie steht nicht die exakte Positionierung der Roboterarme im Vordergrund. Viel wichtiger ist es, genau die richtigen Kräfte für die Übungen der Patient:innen bereitzustellen (siehe Abbildung 1). Die Einhaltung von Sicherheitsanforderungen ist in das Design des Roboters integriert. Er kann ausweichen, seine Bewegungen verlangsamen oder auch vollkommen anhalten, auch wenn nur geringe Kräfte auf ihn einwirken. Das robotische Aussenskelett bietet so eine extrem hohe Sicherheit für Patient:innen und medizinische Fachkräfte.
Um diese Kraftempfindlichkeit zu erreichen, mussten typische Roboteraktuatoren umgestaltet werden. Der von Harmonic Bionics entwickelte patentierte Roboteraktuator nutzt einen Kraftaufnehmer, der mechanisch von jeglichen Kräften getrennt ist, die nicht in seinen definierten Messbereich fallen. Dadurch kann jeder Kraftaufnehmer gezielt die spezifischen Kräfte messen, die an dem Gelenk auftreten, an dem er installiert ist. Die Kräfte an anderen Gelenken werden nicht berücksichtigt. Dies stellt die grösstmögliche Messgenauigkeit des Kraftaufnehmers sicher. Die von maxon gefertigten ESCON-Steuerungen sind kompakt und lassen sich einfach in die Elektrik und Struktur integrieren (siehe Abbildung 2). Die Software ist unkompliziert und die informativen Datenblätter für die Motoren sorgen für eine problemlose Integration. Darüber hinaus konnte mit der Hilfe dieser Datenblätter gleich von Anfang an den richtigen Motor gewählt und Entscheidungen mussten nur sehr selten revidiert werden.
Im Harmony SHR werden zwei Arten von Aktuatoren verwendet: zum einen Drehaktuatoren mit Dreh- und Winkelsensorausgang, die die Bewegungen der Patient:innen unterstützen, und zum anderen Linearaktuatoren mit Positionsmeldern, mit denen der Roboter auf die unterschiedlichen Körpergrössen der Patient:innen angepasst werden kann. Damit das Exoskelett die Bewegungsfähigkeiten der Patient:innen objektiv beurteilen kann, zeichnen mehr als 80 im System integrierte Sensoren 2 000 Messungen pro Sekunde auf. So können mehrere Parameter exakt gemessen werden, darunter auch der Bewegungsumfang, die erzeugte Kraft und die Anzahl der Wiederholungen.
Im Bewegungssystem kommen mehrere von maxon entwickelte und gefertigte Motoren zum Einsatz. Dabei konnte maxon mit seinen Motoren eine Vielzahl von speziellen Anforderungen des Systems erfüllen. Die EC-Flachmotoren bieten beispielsweise ein hohes Drehmoment in einem kompakten Paket, das für die eingeschränkten Platzverhältnissen des Aussenskeletts ideal geeignet ist (siehe Abbildung 3). Zudem konnten sie mit Winkelsensoren ausgestattet werden.
Der EC-60-Flachmotor wurde gewählt, weil er einen ähnlich grossen Aussendurchmesser wie der Harmonic Drive aufweist und axial kompakt ist. Die Welle eines maxon EC-60-DC-Flachmotors wird an den Wave Generator eines Harmonic Drive Grösse 17 angeschlossen, der wegen seiner kompakten axialen Grösse und hohen Drehmomentkapazität ausgewählt wurde. Die Vorgelege des Harmonic Drive boten die hohen Untersetzungen, das geringe Spiel und die hohe Drehmomentkapazität, die das Unternehmen für die Konstruktion benötigte.
Der Stator des maxon Motors ist am Circular Spline des Harmonic Drive montiert und der Flexspline des Harmonic Drive ist über ein Kreuzrollenlager an einer Abgangswelle befestigt. Dieses Lager nimmt mit Ausnahme des Abtriebsdrehmoments des Aktuators sämtliche Lasten auf. Da das Kreuzrollenlager die anderen Lasten trägt, ist die einzige Last, die auf den Lastsensor wirkt, das vom Lastsensor abgegebene Drehmoment.
Der maxon Motor, die Abgangswelle und die Harmonic Drive Baugruppe können sich in dem Kreuzlager frei drehen. Am Circular Spline des Harmonic Drive und am Stator des maxon Motors ist eine Halterung angebracht. An dieser ist wiederum ein Kraftaufnehmer angebracht, der so das Abtriebsdrehmoment des gesamten Zusammenbaus messen kann.
Die Ausrichtung des Harmonic Drive zur Welle des maxon Motors ist für die Lebensdauer des Aktuators von wesentlicher Bedeutung. Selbst kleine Abweichungen können zu vorzeitigem Verschleiss oder zum Ausfall des Mechanismus führen. Bei der Bearbeitung der Komponenten in der Produktion wird daher sichergestellt, dass diese mit einer Genauigkeit von etwa 20 Mikrometern parallel sind. Zur Ausrichtung des Circular Spline mit dem maxon Motor wird eine Rundlaufgenauigkeit von maximal etwa 30 Mikrometern beibehalten. Insgesamt nehmen die Aktuatoren im Roboter einen Raum von ca. 80 mm Durchmesser und 90 mm Länge ein. Die bearbeiteten Komponenten in jedem Aktuator werden aus ermüdungsbeständigen Aluminiumlegierungen und in stark beanspruchten Bereichen, aus Titan Grade 5 gefertigt.
Das Abtriebsdrehmoment des gesamten Aktuators beträgt ungefähr 30 Nm mit Spitzenwerten über 100 Nm. Der Aktuator ist mit einem höchst empfindlichen Kraftaufnehmer mit einer Auflösung von weniger als 10 mNm verbunden und für eine Lebensdauer von mehr als drei Millionen Umdrehungen ausgelegt.
Fazit
Im Harmony SHR werden ausgereifte Aktuatoren verwendet, die auf lange Sicht nur noch wenige Verbesserungen benötigen dürften. Dem Unternehmen zufolge ist es unwahrscheinlich, dass die COTS-Bauteile bei künftigen Konstruktionsüberarbeitungen geändert werden. Das gilt insbesondere für die Bauteile von maxon. Die Gleichstrommotoren von maxon können nicht nur auf vielfältigste Weise konfiguriert werden, das Unternehmen hat zudem Vorgelegeversionen mit geringem Spiel für die Drehaktuatoren bereitgestellt. Ausserdem können diese Aktuatoren mit den von maxon angebotenen Kombinationen aus bürstenbehaftetem DC-Motor mit kleinem Durchmesser und Planetengetriebe besonders kompakt gestaltet werden. Die Vorgelege des Unternehmens mit Leitspindeln können zudem in Anwendungen mit linearen Aktuatoren eingesetzt werden. Kurz, maxon konnte sämtliche für das Exoskelett benötigten Motoren und Steuerungen aus einer Hand bereitstellen und wurde so zum Lieferpartner des Vertrauens für Harmonic Bionics.
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Harmonic Bionics